Tränengas, Katzen und eine Luxus-Yacht à la Roman Abramowitsch – die Millionenmetropole Istanbul lässt sich für ihre Touristen einiges einfallen. Gastblogger Michael Bieckmann hat die bevölkerungsreichste Stadt der Türkei etwas genauer unter die Lupe genommen.
28. Juni, 19:30 Uhr: Hallo Istanbul, hallo Wasserwerfer! Gerade in Istanbul gelandet, bestätigen sich die Bilder, die ich sonst nur aus dem Fernsehen kenne. Wir gehen durch die İstiklâl Caddesi, die bekannteste Einkaufsstraße in Istanbul in der Nähe des Taksim-Platzes. Neben zahlreichen Galatasaray Istanbul Fahnen dominieren heute die bunten Regenbogenflaggen der Schwulen und Lesben. Sie gehen für Ihre Rechte auf die Straße. Neben Touristen wie uns, treffen sie dabei auf Einheimische und Horden bewaffneter Menschen in Uniform. Als wir über die Straße spazieren ist der größte Teil der Gay Pride schon beendet. Doch eine kostenlose Portion Tränengas gibt es auch jetzt noch für uns. Eine Dusche vom Wasserwerfer bleibt uns hingegen erspart. Die Gründe für die Polizeigewalt? Die Feier fällt in den Ramadan. Das tat sie hingegen auch schon im vergangenen Jahr. Da ging es auch ohne Gewalt …
28. Juni, 21:00 Uhr: „Wo Hilton draufsteht, da ist auch Hilton drin“, hörte ich vor meiner Reise. Ich stellte mir die Frage, ob ein türkisches Fünf-Sterne-Hotel auch deutschen Standards entspricht. Meine Antwort nach den Eindrücken fällt kurz aus: Ja, ein Hilton tut das annähernd. Doch für einen Sightseeing-Trip ist unser angestaubtes Hotel trotzdem nicht zu empfehlen. Das Angebot im Hotel verführt zu einem Alternativprogramm jenseits der Straßen Istanbuls. So entscheiden wir uns abends für die Sauna und ein Kaltbecken, statt die Millionenmetropole bei Nacht zu erleben. Die wohl verdiente Erholung von einem aufregenden Anreisetag.
Istanbul – die Stadt der Katze?
29. Juni, 14:00 Uhr: Seit heute verbinde ich mit Istanbul auch gutes Eis und unterhaltsame Verkäufer. Wer fünf türkische Lira für ein Eis ausgibt, der zahlt für das Unterhaltungsprogramm gleich mit. Achtung: ein klebriges Vergnügen, das auch schnell mal das Doppelte kosten kann.
29. Juni, 15:00 Uhr: Bei einem kühlen Getränk in einem Café am Taksim-Platz schleicht eine Katze um unseren Tisch. In meinem Leben habe ich noch nie so viele Katzen gesehen wie in Istanbul. Sie halten die Stadt sauber von Essensresten und Mäusen. Naja gut, sie versuchen es zumindest. Leider sieht man auch viele Hunde, die ohne Besitzer durch die Straßen streunen.
29. Juni, 16:45 Uhr: Als wir durch die Straßen Istanbuls spazieren, frage ich mich, wie sich so viele kleine Läden über Wasser halten können. Gefühlt hat jeder Einwohner Istanbuls sein eigenes Ladenlokal – mal mehr und mal weniger gut sortiert.
29. Juni, 17:30 Uhr: Frischen Fisch kannte ich bislang aus Hamburg, Bremen oder Stralsund. Das Fischbrötchen am Bosporus kann in der Liga der ganz Großen definitiv mithalten. Und das sicherlich erfolgreicher als Galatasaray Istanbul in der Champions League.
29. Juni, 17:50 Uhr: Eine Tour auf der Yacht von Roman Abramowitsch? Das Angebot lehnen wir bewusst ab. Beim Essen des Fischbrötchens wird uns Besseres versprochen, inklusive Geld-Zurück-Garantie. Wir müssen schnell sein. Die Bosporus-Yacht legt in 10 Minuten ab. Doch ebenso wie die Währung hat auch die türkische Zeit einen Wechselkurs. Aus 10 Minuten werden gern mal 30. Für den Ausblick, der in den zwei darauf folgenden Stunden auf uns wartet, nehmen wir diese Wartezeit gerne in Kauf. Ein Traum!
29. Juni, 20:40 Uhr: Pünktlich zum Sonnenuntergang kommen wir mit der Metro an der Station Sultan-Ahmed an. Die Fastenzeit ist für heute beendet. Der Metro-Lokführer verkündet, dass wieder gegessen werden darf. Auf unserem Weg zur blauen Moschee, der Sultan-Ahmed-Moschee, begegnen wir unglaublichen Menschenmengen. Zahlreiche Familien machen es sich auf Handtüchern, Decken und Zeitungen zum „Picknick“ bequem. Für einen Besuch der Moschee ist es heute schon zu spät. Für Touristen hat die blaue Moschee bereits geschlossen. Als Alternativprogramm entscheide ich mich für ein Foto von der gegenüberliegenden Hagia Sophia. Jedem Fotografen geht bei dem beleuchteten Springbrunnen vor dem Wahrzeichen Istanbuls das Herz auf. Leider fehlt mir ein Stativ für das perfekte Foto.
Aus Liebe zum gefälschten Produkt
30. Juni, 13:30 Uhr: Heute sind wir früher an der Sultan-Ahmed-Moschee. Dort, wo gestern noch tausende Menschen das Ende der Fastenzeit mit einer Mahlzeit begingen, ist es heute verhältnismäßig übersichtlich. Beim Eintritt in die Moschee müssen wir unsere Beine mit einem Tuch bedecken und unsere Schuhe ausziehen. Für mich ist es der erste Besuch einer Moschee und mit Sicherheit nicht der letzte. Ein beeindruckendes Bauwerk!
30. Juni, 15:30 Uhr: Zu einem Urlaub in der Türkei zählt auch ein Besuch auf dem Bazaar. Handeln und feilschen steht hier im Vordergrund. Natürlich werden nur Originalprodukte in höchster Qualität verkauft – von Lacoste-T-Shirts über Armani-Uhren bis hin zum Hugo Boss Parfüm, das allein farblich schon täuschend echt aussieht. Unterschiedlich wie die Qualität der Produkte ist auch die Mentalität der Händler. Am Ende haben sie alle eines gemeinsam: die Liebe zu gefälschten Produkten. Meine Freunde werden am ein oder anderen Stand fündig und drücken mehr oder weniger erfolgreich die Preise. Ich persönlich stelle mit Enttäuschung fest, dass die Trikots meines Lieblingsvereins Rot Weiss Ahlen bereits vergriffen sind. Nach dem Regionalliga-Aufstieg hätte ich das wissen müssen.
30. Juni, 19:30 Uhr: Im Gezi-Park entspannen und sich von einem Obdachlosen Tee servieren lassen – vor zwei Jahren war dieses Bild unvorstellbar. Heute ist das im Herzen der Millionenstadt möglich. Ich kann die Menschen verstehen, die vor zwei Jahren für den Erhalt des Parks auf die Straße gingen.
30. Juni, 20:45 Uhr: Tatsächlich haben wir es geschafft, die Qualität unserer Mahlzeiten abermals zu übertreffen. Starteten wir in einem normalen Dönerladen in der Einkaufsstraße, haben wir inzwischen mit Faros eines unserer Lieblingsrestaurants in der Stadt entdeckt: Die Speisekarte überzeugt mit dem Layout einer Tageszeitung. Der Biergarten erinnert mit Blick auf die Hauptstraße an ein Restaurant in New York und das Essen? Von Paninis über Burger bis hin zu echten türkischen Spezialitäten – es schmeckt fantastisch. So fantastisch, dass wir morgen wieder zurückkehren werden.
Auf einen Apfeltee im türkischen Dampfbad
01. Juli, 13:20 Uhr: Auf dem Galata-Turm genießen wir die traumhafte Aussicht über die Stadt. Beim Durchblick meiner Fotosammlung bemerke ich: Panorama-Fotos sind hier offensichtlich besonders beliebt. Bemerkenswert ist die Preisstruktur: Einheimische zahlen für den Besuch fünf Lira, Touristen zahlen 25.
01. Juli, 16:00 Uhr: Der letzte Tag steht im Zeichen der Erholung. Ganz nach der türkischen Tradition besuchen wir ein Hamam (türkisches Dampfbad). Ein Tellak (Masseur) schäumt uns ein, rubbelt mit einem Kese (rauen Handschuh) über unsere Haut und bringt jegliche Knochen zum Knacken. Das Programm endet mit einer Öl-Massage, einem Gesichtspeeling und einem Apfeltee. Drei Stunden vergehen wie im Flug.
01. Juli, 19:15 Uhr: Nach der phänomenalen Aussicht vom Galata-Turm wagen wir erneut eine Treppe zum Glück. Ein Arbeitskollege empfahl mir den Besuch des 360 Grad Restaurants auf der bereits erwähnten Einkaufsmeile İstiklâl Caddesi. Das Penthouse überzeugt durch seine Dachterrasse und sein Konzept. Am Wochenende verwandeln elektronische Beats das Restaurant in einen Club. Doch auch hier gilt: Schönheit hat ihren Preis.
01. Juli, 19:40 Uhr: Zum Abschied aus Istanbul gibt es neben einem türkischen Efes-Pils nochmals türkische Küche namens Sarma Beyti. Hierbei handelt es sich um gerolltes Fladenbrot mit Petersilie und gegrilltem Hackfleisch – empfehlenswert für Mund und Auge.
02. Juli, 9:30 Uhr: Eigentlich sollte unser Flieger genau jetzt abheben. Aber erneut macht sich der Wechselkurs der Zeit bemerkbar. Abgehoben wird erst um 10:20 Uhr. Wie gut, dass wir durch die Zeitverschiebung wieder eine Stunde an Zeit gewinnen.
02. Juli, 12:40 Uhr: Zurück in Deutschland empfängt uns die Bahn mit ihrem gewohnten Bild – 50 Minuten Verspätung. Ohne die Verzögerungen wäre dieser Blogbeitrag mit Sicherheit nicht so lang geworden. Wie immer gilt also: „Thank you for travelling with Deutsche Bahn!“ And last but not least: „Thank you for your attention!“
Weitere schöne Bilder von Michael Bieckmann findet ihr hier:
Schreibe einen Kommentar